Spirituelles über Pflanzen



Wucherungen

©Ravena

 

Wuchert

wie Ranken

in alle Poren

bis keine Ecke übrig

 

Liebe



Knospenglanz

©Ravena

 

Frühling zarter Herzens Freier

meiner Seele Aufschwung hoch

Abschiedsschmerz von alter Leier

kleine Knospen öffnen doch...

 

ihre Kelche, ihr Gesichte

strahlend bringen Farbgesellen,

und des Jahresbruch Geschichte

wird das Land in Licht erhellen.

 

Stehend recken sie die Köpfe,

wirken wie durch Wundermacht,

es erwachen all Geschöpfe

aus dem Schlaf zur Sonnenprach.

 

 



Drei Rosen

©Ravena

 

Drei Rosen trug ich leicht im Traum,

ich hielt sie fest an meiner Seite,

eröffneten mir Zeit und Raum,

der Blick fiel in die Weite.

 

Ich brach sie von dem Heckenstrauch,

so leicht, als wärn sie Nelken.

So sah ich wohl die Dornen auch,

doch war kein Weh`, noch Welken.

 

Mit einer Feder in der Hand,

berührt`ich ihre Blüten.

Die Feder weiß, ihr Unterpfand,

sie tat sie wohl behüten.

 

Drei Rosen schön, die Farbe fein,

nicht weiß, nicht gelb nicht rot.

So mag wohl süße Liebe sein,

ein Sieg über den Tod.

 



Morgentau

© Ravena

 

Stiller Morgen, lichter Schein

Sonne zieht mit sanften Strahlen

durch die Wiese, durch den Hain,

will Tageslicht an Häuser malen.

 

Ruhig ist es, nur Vogelsang,

frischer Duft des lieblich Morgen,

aus der Hecke Mäuschen sprang,

vergess´den Kummer, auch die Sorgen.

 

Füsse kühln auf frischer Erde,

befeuchtet von der ersten Stunde,

bin ganz leis, ich schaue, werde,

folge sanfter Sonnenrunde.

 

(März 2010)



Des Königs Kerze

©Ravena

 

Es war einmal vor langer Zeit, da lebte im Land der ewigen Finsternis der König der Kerzen. In der Werkstatt des Schlosses wurden jeden Tag die Kerzen der Nacht und die Kerzen für den Tag hergestellt.

Dann gab es noch besondere Kerzen - zu besonderen Anlässen. Wenn ein Kind geboren wurde, entzündete man das Licht der Hoffnung und der Weitergabe. Wenn einer verstarb, so wurde das Licht der Ahnenkraft entzündet.

Hatte jemand Geburtstag, so wurde eine Blume mit Kerzen geschmückt und heiratete gar jemand, so war der ganze Saal erfüllt von hellscheinemden Licht aus abertausend weißglänzenden Kerzenfackeln.

 

Doch das Geheimnis der Kerze, dort, wo die Kerzen geboren wurden, lag in des Königs Kammer, in seinem Bett, direkt unter seinem Herzen.

 

Mit dieser Kerze, die noch nie jemand gesehen hatte, wovon aber alle heimlich tuschelten und sprachen, sie solle Macht und Wundersames verleihen, reiste der König jede Nacht in die Anderwelt, um weitere verborgene Schätze auszumachen. Er hatte sie von seiner verstorbenen Mutter als letztes Geschenk bekommen, bevor sie für immer in die Anderwelt zu ihren Ahnen ging. Nur mit dieser Kerze war es ihm möglich, seine Ahnen und ebenso seine Mutter Nacht für Nacht im Traume wieder zu sehen.

 

Jedermann wusste von der mächtigen Kerze und man nannte sie "Des Königs Kerze" oder ganz einfach "Königskerze".

 

Nun trug es sich zu, dass der König des Nachbarlandes aus dem Land des ewigen Lichtes, wohl gern so eine Kerze gehabt hätte. Und tagtäglich neidete er dem König das Innehaben seines kostbaren Schatzes.

 

So dachte er sich, es wäre eine List von Nöten und sprachs sich mit seinen Rittern, er wolle zum Schloss ins Land der ewigen Finsternis geladen werden.

 

Die Einladung ließ auch nicht lange auf sich warten, bot man doch den Sohn des Königs des ewigen Lichtes der Tochter des Königs der ewigen Finsternis zum Mann.

 

Als man sich bei Hofe gerade amüsierte und der Prinz der Prinzessin den Hof machte, stahl sich der König aus dem Land des ewigen Lichtes in die Gemächer des Königs und raubte des Königs Kerze.

 

Unbemerkt konnte der König des ewigen Lichtes, noch vor Anbruch der Nacht zurück nach Hause gelangen und ließ einen Brief aufsetzen, indem er den König der ewigen Finsternis verspottete und verhöhnte.

"Nie würde er seinen Sohn der Tochter eines Tölpels schenken", aber "Man bedanke sich für das ehrenwerte Trostgeschenk".

 

Fortan trauerte der König der ewigen Finsternis und mit ihm das ganze Land. Mit dem Verschwinden der Königskerze konnten auch keine neuen Kerzen hergestellt werden und eine allgemeine Traurigkeit befiel das ganze Land.

Doch auch die Prinzessin trauerte. Sie trauerte um den schönen Prinzen, welcher ihr den Hof gemacht hatte und wusste nicht, dass auf der anderen Seite, er ebenso um sie trauerte.

 

Der König aber starb an Gram und der ewigen Finsternis, weil er es nicht ertragen konnte, seine Tochter und seine Frau in ewiger Trauer zu sehen, geschweige denn, seine liebe Mutter in der Nacht nicht wiedersehen zu können.

 

"So will ich mich auf die letzte Reise machen", sagte er mit dem letzten Atemzug und es wuchs eine lange Pflanze aus seinem Grab. Die brachte den ewigen Winter über das Land.

 

Doch auch im Nachbarland, im Land des ewigen Lichtes war niemand glücklich über den Erhalt der Königskerze. Es wurde heiß. So entsetzlich heiß, dass Pferde, Katzen und Hunde verdursteten, die Felder von der sengenden Hitze brach lagen und man den König im eigenen Land immer wieder ermahnte, die Kerze in das Land der ewigen Finsternis zurückzubringen.

 

Dieser aber war so versessen darauf, das Geheimnis der Kerze zu finden, doch wie und wo er auch suchte, er fand keinen Zugang.

So starb auch er nach einiger Zeit im ewigen Sommer und auf seinem Grab grünte eine lange Pflanze, die vom eintretenden Winter kündete.

Erleichtert über die Botschaft wartete man auf Regen, Schnee und Kälte. Doch nichts geschah.

 

Erst als der Prinz des ewigen Lichts, die Prinzessin der ewigen Finsternis um die Hand anhielt, vereinigten sich auch die Länder und das ewige Licht schwand, ebenso wie die ewige Finsternis. Es wechselte sich ab in Tag und Nacht und auch kein ewiger Winter hielt, wie kein ewiger Sommer.

 

Überall dort, wo eine Königskerze heute zu finden ist, erinnert man sich seiner Ahnen und die Ahnen sich an uns und erinnern uns daran, dass wir von nichts getrennt sein können. Weder von ihnen - noch von der Finsternis oder dem Licht.

 

Hameln, 10. September 2013

 

Und hier noch ein Link über Allgemeines zur Königskerze: