Die Linde


Der Lindenbaum

Wilhelm Müller

 

Am Brunnen vor dem Tore

da steht ein Lindenbaum:

Ich träumt in seinem Schatten

so manchen süßen Traum,

 

Ich schnitt in seine Rinde

so manches liebes Wort;

es zog in Freud und Leide

zu ihm mich immer fort.

 

Ich mußt auch heute wandern

vorbei in tiefer Nacht,

da hab ich noch im Dunkel

die Augen zugemacht.

 

Und seine Zeige rauschten,

als riefen sie mir zu:

"Komm her zu mir Geselle,

hier findest du deine Ruh!"

 

Die kalten Winde bliesen

mir grad ins Angesicht,

der Hut flog mir vom Kopfe,

ich wendete mich nicht.

 

Nun bin ich manche Stunde

entfernt von jenem Ort,

und immer hör ich´s rauschen:

du fändest Ruhe dort!

 

So wie schon Wilhelm Müller von des Ritzen in die Linde erzählt, so ist es auch heute noch Tradition, durch Einritzen von Initialien seines Selbst und des oder der Auserwählten in ihr zu verewigen. Zum einen als Bindungsritual, oder Herbeischwörungszauber, zum anderen, um die beginnende Liebe der Ewigkeit zu weihen.

 

Somit ist er unbestritten der Baum der Liebe und des "immerwährenden" Glücks.

Nicht umsonst ist er damit auch der Göttin Freya gewidmet, die man anruft, wenn man es "im Herzen hat".

Der germanische Name "Lindi" bedeutet soviel wie sanft und mild.

Da unter der Linde auch Urteile verkündet wurden ist sie auch als Baum der Gerichtsbarkeit bekannt und ist in Verbindung mit der Symbolik von Ewigkeit der Liebe als Baum des Schicksals bekannt.

Heilige Straßen wurden und werden von Linden umsäumt und man findet sie auf wichtigen Plätzen in Städten und Dörfern, wie zum Beispiel dem Dorfplatz/Marktplatz.

 

Lindenblüten werden als Tee verwendet. Dieser hat eine beruhigende und harmonisierende Wirkung auf den Körper und den Geist.

 

Lindenblütentee findet Anwendung bei Husten, hilft bei Halsschmerz, und hat zudem eine schmerzstillende, antibakterielle Wirkung.

Unter anderem wird der Tee bei grippalen Infekten, Rheuma, Nierenentzündungen, Migräne, Magenbeschwerden und Unruhezuständen eingesetzt.

Zudem wirkt der Tee entkrampfend.

 

In der Siegfriedsage steht Siegfrieds Schicksal in enger Verbindung mit der Linde. Unter ihren Blättern tötete er den Drachen Fafnir.

Bei seinem Bad im Drachenblut fiel ein Lindenblatt herab auf seine Schulterblätter und verhinderte somit seine vollkommene Unverwundbarkeit. Später wurde Siegfried von Hagen mit einem Speer an genau dieser Stelle unter einer Linde getötet.

 

Die alten germanischen Stämme trafen sich unter einer Linde, um Zeichen aus der Anderwelt zu erlangen.

Im Zuge der Christianisierung ist anzumerken, dass die damalig bezeichneten Freyalinden dem Marienkult zum Opfer fielen und entsprechend in Marialinden umgetauft wurden.

 

In Skandinavien gilt er als Schutzbaum für Haus und Hof und regelmäßig wurden dem Baum Opfergaben dargebracht.

Die Slawen besaßen eine eigene Lindengöttin namens Libussa, was sich aus dem slawischen Wort "liba" für Linde ableitet.

Während bei den Germanen eher die Sommerlinden ihren Vorzug fanden, schwörten die Kelten hingegen auf die Winterlinden, die ihre heiligen Plätze schützten.

Die Griechen opfern der Göttin Aphrodite unter den Linden und die Seher der Skythen trafen mithilfe von Lindenringen orakelhafte Vorhersagen.

 

Quellen: Georg-August-Universität Göttingen

Die alten Feuer von Midgard

Wikipedia