Märchen


Die Wasserlillie am See
© Ravena

Vor langer Zeit lebte in einem Dorf im Königreich ein Mädchen, das war so schön,
das sie die Sonne und die Sterne vor Neid erblassen ließ. Sie war schöner, als die drei Töchter des Königs und hätte es nicht arme Leute
als Eltern gehabt und hätte man ihm schöne Kleider angezogen, so hätte man wohl gemeint, sie sei eine Königstochter.
Nun trug es sich zu, dass der Prinz des Nachbarlandes auf Geschäftsreise ging. Dabei kam er auch in das Königreich und das Dorf, in dem das schöne Mädchen lebte.
Als er mit seinem Pferd Rast an dem See des Landes machte und an den Ufern stand, sich beugte, um zu trinken, erblickte er sie beim Bade. Da sie
keine Kleider trug und nur ihr golden schimmerndes Haar sie bedeckte, hielt er sie für eine Königstochter. Sofort verliebte sich der Prinz in
ihren Anblick und es fiel ihm schwer, von ihr abzulassen und weiter bis ins Schloss des Königs zu reiten.
Dieser empfing ihn freundlich und wohlgesonnen, doch als er den schwermütigen Prinzen sah, wunderte er sich und sprach:
"Welch Weib hat dir dein Herz und dein Aug so schwer werden lassen, dass du meinen Knappen nicht einmal mehr siehst?"
Da antwortete der Prinz:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Da der König aber wusste, dass seine Töchter, aus Angst vor den Fischen darin, nicht im See baden würden, schwieg er und dachte nach.
Nachdem die Geschäfte erledigt, Gold und Ware getauscht waren, sprach ihn der König beim Abendessen nochmals an:
"Welch Weib hat dir dein Herz und Aug so schwer werden lassen, dass du nicht einmal mehr siehst, dass du mit deinem Löffel von meiner Suppe isst?"
Und wieder antwortete der Prinz:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Der König grübelte und grübelte, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen, welche Prinzessin der Prinz an dem See gesehen haben mochte.
Als der König den Prinzen zu seinem Schlafgemach führte, und dieser gedankenverloren neben ihm hertrabte, fragte ihn der König abermals:
"Welch Weib hat dir dein Herz und Aug so schwer werden lassen, dass du nicht einmal mehr hörst, welch Zimmer ich dir zuweise und du fast die Treppe
hinunterstürzest?"
Der Prinz erwiderte ein letztes mal:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Da die älteste Tochter des Königs nun aber schon lange im heiratsfähigen Alter war und kein Prinz bisher um ihre Hand angehalten hatte,
überlegte dieser sich eine List.
Er stellte einen Diener vor die Tür des Schlafgemachs des Prinzen auf. Dieser sollte hören, was der Prinz im Schlafe spricht.
Gesagt - getan. Die ganze Nacht wachte der Diener vor der Türe und am nächsten Morgen in der Frühe sagte er dem König alles, was der Prinz im Schlaf
von sich gegeben hatte.
Der König aber ließ seine älteste Tochter rufen und befahl ihr, ihr langes Haar zu öffnen und in den See zu steigen und dort auf den Prinzen zu warten. Diese aber wehrte sich, doch der König wurde zornig und sprach:
"Willst du nun einen Mann, dann gehorche. Du musst ja nur einmal in den See hinein, danach wirst du reich belohnt und hast ein Königreich unter dir! Du darfst dem Prinzen nur dein Gesicht nicht zeigen!"
Da senkte die Königstochter den Kopf und ritt mit den Dienern zum See, entkleidete sich, sprang hinein und wartete auf den Prinzen.
Dieser machte sich auf, um nach Hause zu reiten. Der König sprach ihn noch einmal an:
"Welch Weib hat dein Herz und Aug so schwer werden lassen, dass du es so eilig hast?"
Und wieder sagte der Prinz:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Da sagte der König: "Dann reite zum See und finde dort deine Prinzessin!"
Unterwegs aber traf der Prinz auf das Mädchen, welches er einen Tag zuvor beim Bade beobachtet hatte wieder. Diesmal trug sie zerissene Kleider und
war gerade dabei, vom Wegesrand ein paar Beeren zu pflücken. Als der Prinz sie wieder erblickte, tat sein Herz einen Sprung und er
begleitete sie auf dem Rest ihres Weges. Das Mädchen, welches Lillian genannt wurde, verliebte sich ebenso in den Prinzen und wie sie so
lachten und scherzten, fiel ihr auf, dass ihre Beine und Hände ganz schmutzig waren und sie dem Prinzen nicht statthaft sein musste. Also
sprach sie, er solle sich ein wenig gedulden, sie wolle sich ein wenig sauber machen und ein Bad im See nehmen. Da wusste der Prinz, dass es
dieselbe Prinzessin war, die er tags zuvor im See gesehen hatte. Sie bat ihn, am Rande des Sees zu warten, bis sie fertig sei.
Als die Diener der Prinzessin des Königs, Lillian erblickten, befürchteten sie, dass der Prinz die wahre Braut erkennen müsse und so schickte sich
einer an und ertränkte Lillian im Wasser, bis dass sie auf dem Grunde des Sees verschwunden war. Damit sie auch unten blieb, hängten sie den
Körper der Toten an einen schweren Stein. Die Königstochter aber stand wie befohlen da und wartete darauf, dass der Prinz sie erblickte.
Dieser konnte auch nicht lange an sich halten und wollte einen Blick auf Lillian werfen. Doch er wunderte sich, warum sie so weit
hinausgeschwommen war und warum er sie nur von hinten zu sehen vermochte. Als die falsche Prinzessin aus dem Bade stieg, schickten
sich die Diener an, sie schnell zu bekleiden und zurück zum Schloss des Königs zu bringen. Immer darauf bedacht, dass der Prinz ihnen auch
wirklich folgte.
Als der Prinz ausser Atem am Schloss ankam, empfing ihn der König mit den Worten:
"Welch Weib hat deinen Atem hochschnellen lassen, dass du zurückkehrst, als seist du nicht bei Sinnen?"
Der Prinz antwortete:
"Es ist die Prinzessin, Lillian vom See! Und sie ist in euer Schloss geritten!"
Der König bat den Prinzen Platz zu nehmen und zu warten. Dann ließ er die älteste Tochter mit den schönsten Kleidern schnüren und binden. Doch
zusätzlich bedeckte er ihr Gesicht noch mit einem Schleier.
Als die Prinzessin dem Prinzen vorgeführt wurde, vermeinte er wohl, in ihr Lillian zu sehen und nahm sie zur sofort zur Frau.
In der Hochzeitsnacht aber erkannte der Prinz die List und erschrak. Als die falsche Prinzessin ihm unter Reue erzählte, was wirklich geschehen war, ritt
er noch in derselben Nacht zum See, sprang hinein und tauchte hinab, um Lillian von dem schweren Stein zu befreien. Dann bettete er ihren toten
Körper auf einem Floss, bedeckte sie mit seinem Umhang und nahm Abschied.
Als er am nächsten Morgen erwachte, war das Floss verschwunden. Doch auf dem See, dort wo das Floss mit Lillian hätte sein müssen, wuchs eine wunderschöne Rose. Und daher hat sie auch ihren Namen: Wasserlillie.
Den Prinzen aber hat man fortan nie wieder gesehen. Nur manchmal, wenn eine falsche Braut heiratet, hört man an diesem See das Wehklagen des jungen Prinzen und am nächsten Tag wird eine neue Wasserlillie geboren.

Die Wasserlillie am See
© Ravena

Vor langer Zeit lebte in einem Dorf im Königreich ein Mädchen, das war so schön,
das sie die Sonne und die Sterne vor Neid erblassen ließ. Sie war schöner, als die drei Töchter des Königs und hätte es nicht arme Leute
als Eltern gehabt und hätte man ihm schöne Kleider angezogen, so hätte man wohl gemeint, sie sei eine Königstochter.
Nun trug es sich zu, dass der Prinz des Nachbarlandes auf Geschäftsreise ging. Dabei kam er auch in das Königreich und das Dorf, in dem das schöne Mädchen lebte.
Als er mit seinem Pferd Rast an dem See des Landes machte und an den Ufern stand, sich beugte, um zu trinken, erblickte er sie beim Bade. Da sie
keine Kleider trug und nur ihr golden schimmerndes Haar sie bedeckte, hielt er sie für eine Königstochter. Sofort verliebte sich der Prinz in
ihren Anblick und es fiel ihm schwer, von ihr abzulassen und weiter bis ins Schloss des Königs zu reiten.
Dieser empfing ihn freundlich und wohlgesonnen, doch als er den schwermütigen Prinzen sah, wunderte er sich und sprach:
"Welch Weib hat dir dein Herz und dein Aug so schwer werden lassen, dass du meinen Knappen nicht einmal mehr siehst?"
Da antwortete der Prinz:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Da der König aber wusste, dass seine Töchter, aus Angst vor den Fischen darin, nicht im See baden würden, schwieg er und dachte nach.
Nachdem die Geschäfte erledigt, Gold und Ware getauscht waren, sprach ihn der König beim Abendessen nochmals an:
"Welch Weib hat dir dein Herz und Aug so schwer werden lassen, dass du nicht einmal mehr siehst, dass du mit deinem Löffel von meiner Suppe isst?"
Und wieder antwortete der Prinz:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Der König grübelte und grübelte, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen, welche Prinzessin der Prinz an dem See gesehen haben mochte.
Als der König den Prinzen zu seinem Schlafgemach führte, und dieser gedankenverloren neben ihm hertrabte, fragte ihn der König abermals:
"Welch Weib hat dir dein Herz und Aug so schwer werden lassen, dass du nicht einmal mehr hörst, welch Zimmer ich dir zuweise und du fast die Treppe
hinunterstürzest?"
Der Prinz erwiderte ein letztes mal:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Da die älteste Tochter des Königs nun aber schon lange im heiratsfähigen Alter war und kein Prinz bisher um ihre Hand angehalten hatte,
überlegte dieser sich eine List.
Er stellte einen Diener vor die Tür des Schlafgemachs des Prinzen auf. Dieser sollte hören, was der Prinz im Schlafe spricht.
Gesagt - getan. Die ganze Nacht wachte der Diener vor der Türe und am nächsten Morgen in der Frühe sagte er dem König alles, was der Prinz im Schlaf
von sich gegeben hatte.
Der König aber ließ seine älteste Tochter rufen und befahl ihr, ihr langes Haar zu öffnen und in den See zu steigen und dort auf den Prinzen zu warten. Diese aber wehrte sich, doch der König wurde zornig und sprach:
"Willst du nun einen Mann, dann gehorche. Du musst ja nur einmal in den See hinein, danach wirst du reich belohnt und hast ein Königreich unter dir! Du darfst dem Prinzen nur dein Gesicht nicht zeigen!"
Da senkte die Königstochter den Kopf und ritt mit den Dienern zum See, entkleidete sich, sprang hinein und wartete auf den Prinzen.
Dieser machte sich auf, um nach Hause zu reiten. Der König sprach ihn noch einmal an:
"Welch Weib hat dein Herz und Aug so schwer werden lassen, dass du es so eilig hast?"
Und wieder sagte der Prinz:
"Es ist die Prinzessin vom See!"
Da sagte der König: "Dann reite zum See und finde dort deine Prinzessin!"
Unterwegs aber traf der Prinz auf das Mädchen, welches er einen Tag zuvor beim Bade beobachtet hatte wieder. Diesmal trug sie zerissene Kleider und
war gerade dabei, vom Wegesrand ein paar Beeren zu pflücken. Als der Prinz sie wieder erblickte, tat sein Herz einen Sprung und er
begleitete sie auf dem Rest ihres Weges. Das Mädchen, welches Lillian genannt wurde, verliebte sich ebenso in den Prinzen und wie sie so
lachten und scherzten, fiel ihr auf, dass ihre Beine und Hände ganz schmutzig waren und sie dem Prinzen nicht statthaft sein musste. Also
sprach sie, er solle sich ein wenig gedulden, sie wolle sich ein wenig sauber machen und ein Bad im See nehmen. Da wusste der Prinz, dass es
dieselbe Prinzessin war, die er tags zuvor im See gesehen hatte. Sie bat ihn, am Rande des Sees zu warten, bis sie fertig sei.
Als die Diener der Prinzessin des Königs, Lillian erblickten, befürchteten sie, dass der Prinz die wahre Braut erkennen müsse und so schickte sich
einer an und ertränkte Lillian im Wasser, bis dass sie auf dem Grunde des Sees verschwunden war. Damit sie auch unten blieb, hängten sie den
Körper der Toten an einen schweren Stein. Die Königstochter aber stand wie befohlen da und wartete darauf, dass der Prinz sie erblickte.
Dieser konnte auch nicht lange an sich halten und wollte einen Blick auf Lillian werfen. Doch er wunderte sich, warum sie so weit
hinausgeschwommen war und warum er sie nur von hinten zu sehen vermochte. Als die falsche Prinzessin aus dem Bade stieg, schickten
sich die Diener an, sie schnell zu bekleiden und zurück zum Schloss des Königs zu bringen. Immer darauf bedacht, dass der Prinz ihnen auch
wirklich folgte.
Als der Prinz ausser Atem am Schloss ankam, empfing ihn der König mit den Worten:
"Welch Weib hat deinen Atem hochschnellen lassen, dass du zurückkehrst, als seist du nicht bei Sinnen?"
Der Prinz antwortete:
"Es ist die Prinzessin, Lillian vom See! Und sie ist in euer Schloss geritten!"
Der König bat den Prinzen Platz zu nehmen und zu warten. Dann ließ er die älteste Tochter mit den schönsten Kleidern schnüren und binden. Doch
zusätzlich bedeckte er ihr Gesicht noch mit einem Schleier.
Als die Prinzessin dem Prinzen vorgeführt wurde, vermeinte er wohl, in ihr Lillian zu sehen und nahm sie zur sofort zur Frau.
In der Hochzeitsnacht aber erkannte der Prinz die List und erschrak. Als die falsche Prinzessin ihm unter Reue erzählte, was wirklich geschehen war, ritt
er noch in derselben Nacht zum See, sprang hinein und tauchte hinab, um Lillian von dem schweren Stein zu befreien. Dann bettete er ihren toten
Körper auf einem Floss, bedeckte sie mit seinem Umhang und nahm Abschied.
Als er am nächsten Morgen erwachte, war das Floss verschwunden. Doch auf dem See, dort wo das Floss mit Lillian hätte sein müssen, wuchs eine wunderschöne Rose. Und daher hat sie auch ihren Namen: Wasserlillie.
Den Prinzen aber hat man fortan nie wieder gesehen. Nur manchmal, wenn eine falsche Braut heiratet, hört man an diesem See das Wehklagen des jungen Prinzen und am nächsten Tag wird eine neue Wasserlillie geboren.