Frigg, die Göttermutter


Federspiel
©Ravena

Vom Himmel einst, so sagte man,
da wünscht man sich so viel.
Man munkelt, dass er zaubern kann,
so endlos - ohne Ziel.

Gedanken seien mächtig ihm,
er hätte schnelle Reiter,
so gab man viel Gedanken hin,
gen langer Himmelsleiter.

Bei Sternen, so ists wohlbekannt,
sie ziehen helle Streifen.
Und hat man einen gar erkannt,
lässt sich ein Wunsch gar reifen.

In dunkler Nacht bei hellem Mond,
wurd mancher Baum beritzet,
dass der, der nun sein Herz bewohnt,
des andern auch besitzet.

Erleuchtet wie die Sonne sein,
und fliegen wie ein Rabe,
Gedanken frei zum Himmel rein,
sei Gabe, die man habe.

Der Himmel voll von Wünschen war,
so voll, als wär er trunken.
Da schaute man gar wunderbar,
als kamen so gesunken...

ganz leicht, fast seicht,
die Antwort auf die Fragen,
wie Federn, weiß, doch aufgeweicht
die ganzen guten Gaben.

Das Federspiel ist nur Geschenk,
für jeden kommend Winter,
es ist Versprechen dem Gedenk,
Erfüllung "Wunsch" dahinter.


Friggas Dorn

©Ravena

 

Vor langer Zeit, als das Wünschen noch half und Fuchs und Hase sich im Wald gute Nacht sagten, lebte eine Witwe, die hatte zwei Töchter.

Beide waren hübsch anzusehen und glichen sich bis auf die Nasenspitze. Doch die Witwe war nur der einen rechte Mutter.

Das kam so. Als der Mann noch lebte, war er ein reicher ung gütiger Herr, der sich zwischen zwei Schwestern entscheiden musste. Er nahm sich derer an, die ihm Liebreiz und Anmut erschien, die andere Schwester aber, die sich ebenfalls in ihn verliebt hatte, beachtete er gar nicht.

 

Nun wurde seine Frau schwanger und die erzählte es der Schwester, welche sich Rat bei einer mächtigen Hexe suchte.

Die Hexe gab ihr zwei Tränke. Der eine war, den Mann der Schwester zu verführen und der andere war, um ein Kind zu bekommen, dass dem ihrer Schwester bis aufs Haar glich.

 

So wie die Prophezeihung sagte, so traf es ein.

Beide Schwestern waren zur gleichen Zeit guter Hoffnung und der Mann geriet in große Gram über seinen Fehltritt, - liebte er doch seine Frau von Herzen und wollte ihr keinen Kummer bereiten.

Die falsche Schwester aber wurde zornig und ging abermals zur Hexe, die sprach zu ihr:

"Nur eine von euch kann überleben, sobald die Kinder geboren sind. Es wird die sein, die ihr Mann als die rechte Braut erkennt."

Da erschrak die böse Schwester, - denn sterben wollte sie nicht.

"Was kann ich tun?", fragte sie.

"Ich kann Dir nur noch einen Trank geben. Den musst Du nach der Geburt eurer Kinder zu dir nehmen, dann wird er Dich für seine rechte Braut halten. Aber der Zauber hält nur solange an, bis Deine Schwester gestorben ist. Zudem erfordert jeder Zauber ein Opfer. Du wirst Dich dem Kinde Deiner Schwester annehmen müssen, als sei sie Deine rechte Tochter. Fortan und immerdar. Willst Du das tun?"

Da nickte die Böse und tat, wie ihr gesagt.

In einer Vollmondnacht kamen beide Kinder zur Welt und kaum waren die Kinder geboren, schickte sich die böse Schwester, hob den Trank hinunter, als wäre er aus Gold und der Mann hielt sie für seine rechte Braut, kniete sich an ihrem Bette nieder und küsste ihr die Hand.

Als die rechte Braut ihren Mann vor der Falschen so knien sah, brach ihr das Herz und sie ging fort, in die Welt der Geister.

Nun erkannte der Mann die List, weinte bitterlich, flehte die Götter um Hilfe, doch als alles nichts wirken wollte, nahm er sich einen Strick und erhängte sich daran.

 

Nun hatte die Frau alles verloren, ihre Schwester und den von ihr begehrten Mann.

Dafür blieben ihr die beiden Kinder, beide Mädchen, die sich bis aufs Haar glichen.

Nur ihr selbst offenbarte sich ihre rechte Tochter - die wurde aber, als sie heranwuchs faul und aufsässig. Die Tochter ihrer Schwester aber galt überall als fleißig und höflich und war überall beliebt.

 

Nun lud der König des Landes zum Ball, denn Brautschau wollte er halten. Auch die Witwe mit ihren zwei Töchtern wurde hinzugeladen.

Als der König das Antlitz der beiden Mädchen erblickte, war er sofort von ihnen angetan und bat darum, mit beiden je einen Tag verbringen zu dürfen.

Die Witwe stimmte zu und ließ zuerst die Tochter ihrer Schwester gehen. Sie dachte bei sich, wenn sie herausfinden könnte, was die beiden an dem Tag täten, würde sie es ihrer rechten Tochter sagen können und die sollte es ihr gleich tun.

 

Als das schüchterne Mädchen den Garten des Schlosses betrat, war vom König noch nichts zu sehen, doch an den Hecken neigten sich rote Köpfe ihr zu und baten darum, gepflückt zu werden. Sie schüttelte den Kopf, doch die Köpfchen rangen und bettelten, dass es dem Mädchen weich ums Herz wurde und sie allesamt in dem Korb, der dort stand einsammelte.

Vorsichtig wollte sie den Korb wieder an die Seite stellen, doch die Köpfe riefen ihr zu: "Geh in die Küche und übergieße uns mit heißem Wasser, dann fülle uns in einen Krug und reich ihm den König zum Tranke!"

 

"Ei", dachte es bei sich. "Ich kann doch nicht in die Küche gehen, einfach so. Der König wird schlecht von mir denken!"

 

"Geh nur", riefen ihr die Rotköpfchen zu.

 

Da tat es, was man ihm riet, ging in die Küche, hub heißes Wasser hinzu und schon bald roch es herrlich aus der Küche, sodass Mägde und Köche herbeieilten, um zu sehen, wer diesen Wohlgeruch vollbracht habe.

 

Der Koch schimpfte, die Mägde schalten sie und in dem ganzen Aufruhr kam der König hinzu und verlangte nach Auskunft über den Tumult.

Es wurde still und als alle zurücktraten, stand das Mädchen mit dem Krug voll heiß, dampfenden Getränk allein vor ihm. Es wurde so rot, wie die Köpfchen, die zuvor an der dornigen Hecke hingen.

Doch der König ließ sich nicht beirren und wollte von dem Getränk kosten.

So nahm er sie bei der Hand und führte sie hinaus in den Garten, wo er sich einen Becher voll nahm.

Als er nur ansetzte, vernahm seine Nase den wohligen Geruch, als seine Lippen das Heiß berührten, erfasste er die Milde, als seine Zunge von dem Lieb kostete, spürte er die Weichheit, als es ihn von innen wärmte und sogar heilte, wusste er, dass dies seine Braut werden solle.

So verbrachten sie den Tag bis zum Ende und als das Mädchen fort musste, versprach er ihr die Ehe.

Jedoch zu Hause wurde sie mit einem bösen Wortschwall empfangen und die Mutter horchte sie aus, bis kein Wort mehr aus ihr kam.

"Ich war bei einem Strauch, der trug Dornen, aber rote Beeren. Den sollte ich pflücken, um dem König ein Getränk zu brauen. Das habe ich ihm gegeben und er wurde gesund."

 

Nun erst schickte die Mutter sie zu Bett und rief ihre rechte Tochter hinzu, um sie in alles einzuweihen, damit diese sich anschickte, dem König genau dasselbe zu tun, damit er sie zur Frau nehme.

 

Am nächsten Tag kam auch sie in des Königs Garten und wie am Tag zuvor, war vom König weit und breit noch nichts zu sehen.

Als sich nichts tat und kein Hecklein, kein Büschlein, kein Blümlein nach ihr rief, griff sie ärgerlich nach dem Korb und suchte den Strauch mit den roten Beeren. Als sie ihn fand, griff sie hinein und wollte die Köpfe abziehen, doch da rankte sich die Hecke nach ihr und die Dornen gruben sich in ihr Fleisch, dass es an Armen und Händen blutete.

 

"Dann such ich eben woanders!", rief sie aus und fand auch alsbald hinten im Garten einen Busch voll roter Beeren. Keine Dorne war zu sehen, also sammelte sie alles ein, was sie zu fassen bekam, tat es ins Körbchen, eilte in die königliche Küche und begann das Werk mit heißem Wasser zu verarbeiten. Als man sie ertappte, schalten die Mägde und Köche sie, bis der König hinzutrat und bat, zu sehen, wer für die Aufregung verantwortlich sei.

Still trat man zur Seite und gab den Weg zum Mädchen frei.

 

"Nanu?", dachte der König bei sich. "Sollten sich beide Mädchen so ähnlich sein, dass man sie von nichts unterscheiden könne?"

 

Also bat er auch sie in den Garten, um von dem Getränk zu kosten. Das Mädchen dachte wohl, es sei schon am Ziel und wähnte sich in einem Brautkleid, als der König den Becher nahm und anhob. So sehr er sich auch mühte, er roch nichts, als seine Lippen das Feucht berührten, spürte er die Härte kalten Wassers, als er das Heiß in sich aufnahm, ließ es ihn frösteln und als er es austrank, wurde ihm schwindelig, er begann sich sein Herz zu fassen und fiel in einen fiebernden Schlaf.

 

Das Mädchen eilte schnell nach Hause und erzählte alles der Mutter. Die sorgte sich nun, dass der Betrug auffliegen würde und ihre richtige Tochter nicht zur Braut des Königs werde.

 

Nun taten beide zusammen eine gemeinsame List. Die Mutter stellte sich krank, tat als sei ihr schwindelig und fasste sich ans Herz und rief nach der Tochter ihrer Schwester. Die sollte ein Getränk herstellen, dass, so sagte man ihr, sie heilen könne.

So suchte das Mädchen im Wald nach den Beeren, wie sie sie in des Königs Garten gefunden und wieder riefen ihr die roten Beeren in den dornigen Hecken zu, sie solle sie pflücken.

Als das Getränk gebraut war, schloss man das Mädchen in den Keller und die Witwe reiste mit ihrer Tochter zum Schloss.

Gemeinsam reichten sie dem König den Trank und schon bald ging es ihm besser und er versprach der Tochter der Witwe, sie zur Frau zu nehmen.


Drei Tage wollte er mit ihr die Zeit bis zur Hochzeit im Garten verbringen, wo sie sich kennengelernt hatten. Doch wie er sich auch mühte, mit ihr zu reden, zu lachen oder zu scherzen, er fand keinen rechten Zugang zu ihr.

 

Der König grübelte und grübelte, was seine Braut so verändert haben mochte. Und wenn er des Morgens wach wurde, lag neben seinem Kissen ein Heckstrauch aus Dornen und roten Beeren. Die Götter selbst, so meinte er, müssten ihm dieses Zeichen geschickt haben, doch er wurde nicht schlau daraus.

Auch am dritten Morgen fand er keine Antwort und so machte er sich mit seinen Dienern auf den Weg zur Hochzeit. Als er jedoch den Saal betrat, war über und über alles mit den roten Beeren aus dem Heckenstrauch bestückt und die Beeren neigten ihm ihre Köpfe zu und riefen: "Ich bin Frigga, die Göttermutter. Deine Braut sitzt noch daheim, tief unter der Erde. Ich bin Zeuge des Verrats. Eile und finde sie."

 

Da lief der König, was er nur konnte und der Weg der ihn zum Haus der Witwe führte, war umsäumt mit den dornigen Hecken und den roten Köpfen.

 

Schon bald konnte er seine Liebste befreien. Er führte sie zum Schloss und sie wurde seine Frau.

 

Die Witwe und ihre rechte Tochter aber, hatte man nie wiedergesehen.

 

 

Wer nicht weiß, um was es sich bei Friggas Dorn handelt:

Friggas Dorn